Tschechische Christen

Am Sonntagfrüh gaben die "Angels of Harmony" ein Konzert in einem tschechischen Gottesdienst. Der dortige Pfarrer (links im Bild) hat uns danach noch einiges aus seinem Leben erzählt. Er war schon immer einer der Rebellen im Lande. Daß er dann ausgerechnet Theologie studiert hat, war für ihn und seine Dozenten eine echte Kraftprobe. Nach den Ereignissen des "Prager Frühlings" bekam er eine Gemeinde und eine staatliche Berufserlaubnis. Diese Lizenz wurde ihm jedoch ziemlich schnell wieder entzogen. Der Grund: Mehrere Geistliche, Denker und Wissenschaftler hatten eine Erklärung verfaßt, in der sie das System kritisierten. Als der Pfarrer nach einigen Jahren Gefängnis wieder freikam, suchte er nach neuen Wegen. Denn ein Pfarrer ohne Gemeinde sei eigentlich kein Pfarrer, sagt er. Er gründete eine Band und komponierte Lieder, die versteckte kritische Botschaften enthielten. Mit viel Rock'n'Roll, auf Englisch und Tschechisch, zogen sie durch Untergrundkirchen, Kneipen und nur Insidern bekannte Konzertorte.

Höhepunkt seiner Erzählung:
Der Pfarrer mit den langen, grauen Haaren schnappt sich eine Wandergitarre und shoutet eine der alten "Hymnen des Untergrunds". Die Augen leuchten, der Pfarrer geht aus sich raus - wir bekommen einen Eindruck der Lebenskraft dieses Mannes und der speziellen Zeit, die er miterlebte und mitprägte. Auch heute noch ist seine Kirche voll.

Ansonsten geht es des evangelischen Kirchen in Tschechien nicht gut.
Sie boten zwar im Kommunismus den reformatorischen Kräften Unterschlupf, engagierten sich aber sonst kaum. Die hussitische Kirche beispielsweise, die Zuzanna mit ihrer Familie besucht, erschien mir reich an wirklich schöner Tradition. Aber der Anschluß an die heutige Zeit scheint verpaßt. Die tschechischen Christen erreichen die Menschen nicht, sie sind eher Anfeindungen ausgesetzt.

Ein Mädchen erzählte, daß sie sich 300 Kilometer vom Dorf entfernt taufen ließ, damit ihre Familie keine Schwierigkeiten bekommt. Jana beispielsweise sagte, nach der Wende sei es unheimlich schwer für ihre Mutter (eine Pfarrerin) und auch für die Familie gewesen. Sie konnte nicht so genau erklären, warum. Für andere Tschechen ist die christliche Religion wiederum unauflöslich verknüpft mit dem Westen. Jeder Westler, der kommt, ist für sie ein Christ. Sie selbst könnten aber nicht glauben, weil sei nichts wissen, sagen sie. Das gesamte christliche Vokabular von Auferstehung bis Zölibat ist für sie ein tschechisches Fremdwort.